Leichen fleddern gern gesehen

Wenn Du zufällig in Amerika bist und noch zufälliger Stoff sammelst, gibt es ein neues Zauberwort für Dich: Estate Sale. Das bedeutet Haushaltsauflösung, hat hier aber nicht das anrüchige, naserümpfende Geier-Image, sondern ist eine vernünftige, allseits geschätzte Lösung, Opa Jim’s oder Auntie Jane’s Haus zu entrümpeln. Es gibt hier immer mehr Self-Storage-Anbieter, bei denen man sich kubikmeterweise zusätzlichen Platz mieten kann, um die gesammelten Werke, die nicht mehr in die Wohnung passen, auszulagern. Ab und an vergessen Mieter diese häufig garagengroßen Räume, so dass sie als Überraschungspackung unter den Hammer kommen wie bei uns zulande herrenlose Fund-Koffer von der Bahn versteigert werden.

Ich stehe immer noch unter dem Eindruck meines ersten Estate Sales. Ein Mitglied der hiesigen Quiltgilde ist gestorben und auf der Internetseite wurde zum Ausverkauf eingeladen. Anfangs etwas zögerlich und deutscher, als ich dachte („Macht man das, wie die Geier, in Omas Kleinhäuschen…?“), entspanne ich mich doch sehr, als ich um 9:15 h eintreffe und schon rund 50 (fuffzich!) Autos auf dem weitläufigen Grundstück verteilt stehen. Oha! Die Hinterbliebenen haben das Ergebnis von 50 Jahren Sammeln und Quilten inhaltlich wohlsortiert in Omas riesigen Keller für uns aufgebaut. EIN TRAUM! Die Stoffreste (neben Büchern, allem denkbaren Equipment inkl. Nähmöbeln, Maschinen, Garn, Batting…) sind nach Größe sortiert, so dass ich mich ganz gezielt erstmal auf die Gänge (!) mit den großen Stücken konzentriere. Unglaubliche Mengen an Stoff, von scheußlich bis zu traumhaft, Batiks, handgefärbte Stoffe, Designerstöffchen, einfach unglaublich. Pro Yard einheitlich 3 $, das finde ich fair, eine Gallonen-Tüte maximal vollgestopft mit Reststückchen kleiner als Fat-Quarter, für $6. Da hüpft das Quilterherz!

Die Käufer sind zwar vornehmlich, aber nicht ausnehmlich weiblich – männliche Quilter stehen hierzulande nicht unter Artenschutz. Vom Babygequieke bis zum Toc-toc der Gehstöcke – alle sind da und sind sich einig, dass die Verstorbene Spaß daran hätte, dass ihre Schätze gerecht unter uns aufgeteilt werden.

Ein Fest!

1 Kommentare

  1. Las wir in Amerika waren, haben wir auch eine Wohnungsauflösung besucht. Dort habe ich viele tolle Stoffe gefunden. Auch welche, die ich noch nie woanders gesehen habe.

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