Ein Quilt bei den Emmys

Tyler Perry, amerikanischer Schauspieler, Produzent, Autor und Regisseur, hat den diesjährigen Governors Award bei den Emmys erhalten. Er kommt aus einfachen Verhältnissen, hat zeitweise in seinem Auto gewohnt, und ist heute einer der bestbezahlten Menschen im Showbiz. Sein Werdegang ist beeindruckend. Seine Dankesrede auch.

Nicht elegant, edel oder schick – aber voller Geschichte(n) (nein, das ist nicht der Quilt, von dem Tyler Perry spricht, diesen habe ich auf einem Flohmarkt gekauft)

 

Und man muss sie auch nicht kommentieren. Hier kannst Du sie sehen:

Tyler Perrys Dankesrede bei der Emmy-Preisverleihung 

Und ich habe sie zum Lesen für Dich übersetzt:

„Als ich 19 Jahre alt war, bin ich zuhause ausgezogen. Meine Oma hat mir damals einen Quilt geschenkt, den sie selbst gemacht hatte. Ich habe diesen Quilt nicht wirklich wahrgenommen. Er war kunterbunt, aus lauter kleinen Stoffstücken zusammengenäht, und mir ziemlich peinlich. Ich habe ihn absolut nicht wertgeschätzt. Ich habe ihn benutzt, um den nassen Hund abzutrocknen. Ich habe mich darauf gelegt, wenn ich bei meinem Auto das Öl gewechselt habe. Ich hatte keinerlei Respekt für diesen Quilt.

Viele Jahre später, als ich bei einem dieser schicken Antiquitätenläden vorbeiging, die ich mir endlich leisten konnte, sah ich im Schaufenster einen Quilt, der genauso aussah, wie der, den ich von meiner Oma bekommen hatte. Ich ging hinein und sah mich nach dem Quilt um. Ein Ladenmitarbeiter sprach mich an und sagte: „Lassen Sie mich Ihnen etwas über den Quilt erzählen. Er wurde von einer afroamerikanischen Frau genäht, einer ehemaligen Sklavin. Jedes Stoffstück repräsentiert einen Teil ihres Lebens. Ein Stück stammt von dem Kleid, das sie trug, als sie erfuhr, dass sie frei war.  Ein anderes Stück kommt von ihrem Hochzeitskleid, mit dem sie über den Besen gesprungen ist (Anm.: das ist eine Hochzeitszeremonie, die aus der Zeit kommt, in der Sklaven nicht legal heiraten durften. Als Zeichen ihrer Verbindung gingen oder sprangen sie buchstäblich über einen Besen).“

Als ich dieser Erzählung zuhörte, habe ich mich so geschämt. Da stand ich nun, jemand, der sich etwas darauf einbildet, unser Erbe wertzuschätzen, unsere Kultur, und hatte noch nicht einmal den Wert des Quilts meiner Großmutter erkannt. Ich habe ihre Arbeit und ihre Geschichte abgetan, weil sie nicht so aussah, wie ich dachte, dass sie aussehen sollte.

Ob wir es wissen oder nicht, wir alle nähen mit unserem Verhalten, unseren Gedanken, Erfahrungen und Erinnerungen unseren eigenen Quilt.

Mein Quilt enthält eine meiner Erinnerungen, als ich ungefähr zehn Jahre alt war. Ich erinnere mich daran, wie mein Vater wartend an der Tür stand. Ich wunderte mich, warum er dort so lange stand. Er war frustriert und ging weg, also fragte ich meine Mutter, was denn los sei.

Sie erklärte mir, dass er die ganze Woche gearbeitet hatte und jetzt auf den Mann wartete, der vorbeikommen und ihm seinen Lohn bringen sollte, aber einfach nicht kam. Zu der Zeit brauchten meine Eltern das Geld. Und ich sage Euch, sie war so frustriert. Sie drehte sich zu mir um und sagte: „Warte niemals an der Tür auf Weiße, die sowieso nichts für Dich tun.“ Meine Mutter war keine Rassistin, aber mit ihrem Quilt konnte sie sich keine Welt vorstellen, in der ihr Sohn nicht an der Tür auf irgendjemanden wartet. Mit ihrem Quilt konnte sie sich nicht vorstellen, dass ich meine eigene Tür bauen und sie für Tausende von Menschen aufhalten würde. Mit ihrem Quilt konnte meine Mutter sich nicht vorstellen, dass ich Land besitzen würde, das einst eine Armeebasis der Konföderierten war, in der die konföderierten Soldaten an Plänen arbeiteten, wie sie die Schwarzen weiter versklavt halten konnten. Heute kommen auf diesem Land Schwarze, Weiße, Schwule, Heteros, Lesben, Transgender, ehemalige Knackis, Latinos, Asiaten, wir alle kommen zusammen, um hier zu arbeiten – wir alle kommen zusammen, um die einzelnen Stücke zu einem Quilt zusammenzutragen, der so bunt wie nur möglich ist. Vielfalt in seiner besten Form.

Heute Abend stehe ich hier, um mich bei all denen zu bedanken, die jedes Einzelteil feiern und wertschätzen, und jede Geschichte, jede Farbe, die zusammen unseren Quilt ergeben, der Quilt, der unser Geschäft ist, unser Leben, dieser Quilt, der Amerika ist. Denn im Quilt meiner Großmutter gab es keinen Flicken, der Schwarze im Fernsehen dargestellt hätte. Aber in meinem Quilt wird ihr Enkel von der Television Academy geehrt. Dafür danke ich Euch. God bless you.“

Tyler Perry, Empfänger des Governors Award 2020

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