Ein(ge)laden in Amerika

Was bringt man in einem Blumenstrauß-armen Land mit, wenn man semi-informell oder informell eingeladen wird?

Die Zusage zu einer Einladung ist zwingend verbunden mit der Frage: „Können wir etwas mitbringen?“ In der Regel bekommt man vom Gastgeber dann erfreute Zustimmung und eine Idee, z.B. Nachtisch, Wein, Bier, Brot, Vorspeise…

Wenn dem nicht so ist: Also, es gibt hier Blumensträuße – anders, als ich erwartet hatte – aber sie sind entweder so hübsch wie die, die man in Deutschland an Tankstellen kaufen kann. Oder monsterteuer. Gelegentlich auch beides. Zum Vergleich: Aldi Deutschland hat sagenhafte Rosen (ich weiß, keine Ahnung, unter welchen Bedingungen die wo kultiviert und über ewige Wege nach Deutschland gebracht werden, ich weiß!) für einen Apfel und ein halbes Ei, das Gleiche (bzw. genau genommen, eher die Hälfte davon) kostet bei Aldi USA 6-8 Dollar (geht dann aber immer noch nicht als Mitbring-Strauß durch).

Will sagen: Andere Mitbringsel müssen her. In der Regel besucht man besonders anfangs Menschen, die man noch nicht gut oder gar nicht kennt, zum Beispiel Kollegen des Göttergatten. Das macht es nicht einfacher, wenn man so überhaupt keinen persönlichen Anpack hat. 

Gut sind deswegen Sachen, die man irgendwie immer gebrauchen kann oder die man bei Nichtgefallen einfach aufisst, abbrennt oder weiterverschenkt… Also:

  • Kerzen
  • Seife
  • Öl-Essig-Kombi (am besten europäisch, das ist immer gut)
  • Pralinen, Kekse, Schokolade (handgemachte, oder europäische, s.o.)
  • Flaschennahrung (Wein, besondere Biere (da kann man zwar in Michigan mit den vielen Micro-Brauereien aus dem Vollen schöpfen, aber Du weißt schon – Europa zieht immer), natürlich auch Geistreicheres. Aber BITTE ganz sicher sein, dass im Haus der Gastgeber Alkohol kein Problemthema ist!!!
  • Geschenkkörbe in allen Variationen (und Preislagen), z.B, Öl, Nudeln, gute Sauce, Pesto, Holzlöffel, Grissini, feiner Käse… hier gibt es keine Grenzen für Phantasie und Geldbeutel

Apropos Geldbeutel: In der Regel lassen sich Amerikaner beim Thema Geschenke nicht lumpen. Ich habe schon mal beim Thema Kindergeburtstage erwähnt, dass sich die Kinder hier Geschenke im Wert von 20 bis 25 Dollar mitbringen (und das in allen Einkommensklassen, wohlgemerkt!). Bei den Mitbringseln für Erwachsene liegt der Durchschnitt deutlich höher. 

Herzhaft oder süß – Pies gehen immer!

Wenn man zum Essen oder einer Party bei jemandem zuhause eingeladen wird, ist es übrigens (auch das völlig schichtunabhängig!) absolut gesellschaftstauglich, Fertigfutter zu servieren. Von kompletten Vorspeisenpaketen, (die z.B. geschnittene Goudastücke, Cracker und Salamischeiben enthalten), über wagenradgroße Plastiktabletts mit schon gewaschenem und geschnittenem Obst oder Gemüse, Tortilla-Chips mit fertigen Dips bis hin zur Fertig-Lasagne oder bestellter Pizza ist alles drin. Entsprechend ist es völlig in Ordnung, wenn man Selbiges mitbringt. Alles wird erfreut entgegengenommen und verputzt. Es darf gerne, muss aber nicht der neueste Designersalat, Selbstgebackenes oder die aufwendige Nachspeise sein, eine Schüssel Erdbeeren oder Weintrauben ist immer willkommen.

Das bedeutet nicht, dass hier keine Gourmets leben, ganz und gar nicht.

Aber im Zweifel gilt: Hauptsache, Stress vermeiden. Die meisten Eltern hier sind gefühlt 23 Stunden täglich im Einsatz: Sie arbeiten in ihren Jobs, engagieren sich als freiwillige Helfer in Schulen, Kirchen, Sportvereinen und Initiativen und kutschieren bis in den späten Abend hinein ihre zwei bis vier Kinder von Sport A zu Hobby B, Probe C, Auftritt D, Training XY… und sonst wohin. Ich finde, das erklärt (und rechtfertigt), dass es möglichst wenig Aufwand machen soll, wenn man zum Spaß Menschen treffen möchte. Die Qualität der Nahrung kann man hier mitunter anzweifeln, aber den Aspekt, es möglichst entspannt zu halten und dafür mehr Spaß am Zusammensein zu haben, den finde ich gut. 

Muss ich jetzt nicht erwähnen, dass (nicht nur bei Parties, bei Vielen auch im alltäglichen Gebrauch) sehr oft vor lauter Bequemlichkeit Pappteller und Plastikbesteck zum Einsatz kommen. Das kann man überall in allen Varianten und sehr (!) großen Packungen kaufen. Da kommt dann doch das Deutsche in mir zum Vorschein, bei dem Gedanken an den Müllberg und die Ressourcenvergeudung hört mein Sinn für’s Praktische auf. Immerhin kann man hier, wenn man lange genug sucht und bereit ist, das x-fache zu bezahlen, mittlerweile essbares oder vollkompostierbares Wegwerfgeschirr finden.

Was übrigens auch nicht heißen soll, dass es hier nicht sehr viele ernährungs- und umweltbewusste Menschen gibt. Unsere Freunde in hier sind in dieser Hinsicht kein bisschen anders als unsere Freunde in Deutschland.

Feiern geht immer – und überall! Am besten beim Tailgating

Eine weitere Möglichkeit, die Freude am Zusammensein über den Gastgeberperfektionismus zu stellen, sind Potlucks (also: Topfglück). Heißt: JedeR bringt etwas mit, einer stellt die Räumlichkeiten, bzw. man trifft sich im Park, in der Schule oder am Sportplatz, eventuell sorgt eineR für Getränke und Pappteller (das sind sie wieder), und fertig ist die Party. Das ist in Deutschland natürlich auch sehr verbreitet, aber hier ist es auch bei privaten Feiern eher die Regel als die Ausnahme. Und wieder geht es darum, mit möglichst kleinem Aufwand möglichst viel Zeit zum Zusammensein zu haben.

Bringt jeder was mit, werden alle satt

Vereine und Schulen haben die Koordination solcher Feste mittlerweile digitalisiert. Es gibt Seiten wie „Signupgenius“, mit denen man fast alles blitzschnell und super einfach organisieren kann. Man stellt sein Vorhaben online ein, listet ganz genau auf, was man an Mitgebrachtem oder Hilfe benötigt (z.B. 8 x je 2 Gallonen Apfelsaft, 4 x je eine Person von 2-3 Uhr zum Aufbauen, 5 x je 1 Kuchen etc), sendet den Link an alle Eingeladenen. Über diesen Link kann sich jedeR eintragen, was er/sie mitbringen oder helfen möchte. Man sieht auch, wer was macht, mit wem man sich z.B. beim Loseverkauf zusammentun kann, oder wo es noch besonders hapert. 

Wenn man möchte, trägt so eine App den Termin und was man mitbringen bzw. tun soll automatisch in den persönlichen digitalen Kalender ein, so hab ich ihn gleichzeitig im Handy, und schickt zum Zeitpunkt x vor dem Ereignis noch eine Erinnerungs-Email an alle, die sich eingetragen haben.

Klingt übertrieben? Ich finde das gigantisch praktisch und wäre wirklich froh gewesen, damit früher die Organisation all unserer Förderverein-Aktionen erleichtern zu können.

So, ich glaube, es braucht noch einen Post zum Thema Feiern, der sich dann mit Hochzeiten und Graduierungen jeglicher Art befasst. Im Sommer steht hier in jedem Garten ein großes Zelt, in dem Schulabschlüsse jeder Art gefeiert werden, vom Kindergarten über High School bis zur Uni ist so ein Abschluss Anlass für ein richtig großes Fest.

Eine nette Geste ist hier übrigens noch selbstverständlicher als in Deutschland: Eine kleine, handgeschriebene Karte als Dankeschön ist keine Seltenheit.

Richtig altmodisch per Post – eine schöne Geste

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