Mary M. Hogan

Darf ich Dir Mary M. Hogan vorstellen? Mary ist Quilterin, Lehrerin und Autorin. Vor allem sie ist ein Typ wie eine Lieblingsnachbarin. Sie ist tatsächlich fast meine Nachbarin, denn sie wohnt ganz in der Nähe, auf der anderen Seit der Stadt. Sie ist so ein Mensch, den man einfach mögen muss. Und sie ist unglaublich großzügig mit ihrem Wissen und ihrer Zeit.

Mary beim Signieren ihres Buchs ‚Fast-Fold Hexies‘

Ich habe schon in meinem ersten Blogpost über Mary erwähnt, dass sie sich sehr aktiv in die Gemeinschaft einbringt. The Quilting Season ist ein Quiltgeschäft, aber noch viel mehr. Eher ein gemütlicher Treffpunkt und Wohltätigkeitsverein. Auf Marys Webseite kannst Du die Nähanleitung für Schildkröten finden. Diese Schildkröten werden gespendet und vom örtlichen Kinderkrankenhaus für die Arbeit mit todranken und sterbenden Kindern und ihren Geschwistern genutzt. In den Panzer und die Schildkröte können die Kinder Erinnerungsstücke legen. Hier findest Du die Anleitung.

Mary hat auch Nähanleitungen für einfache Puppen mit Krankenhaus-Kleidung wie OP-Kitteln und -Hosen entwickelt. Das medizinische Personal spielt mit ihnen die Behandlungen oder Operationen durch, die Kindern bevorstehen, um ihnen zu erklären, was passiert, und ihnen so etwas von ihrer Angst zu nehmen. Die Puppen haben kein Gesicht, so dass die Kinder ihnen selbst eines geben (= drauf malen) können.

Mary koordiniert die Nähaktionen, die in der The Quilting Season stattfinden, wenn Freiwillige die Puppen nähen. Oder auch Frühchen-Quilts für die Neugeborenen-Station des Krankenhauses.

Während des ganzen Jahres 2020 habe ich unzählige Masken nach ihrer Anleitung genäht.

Marys erstes Buch, „String Quilt Style“, ist im Frühling 2016 herausgekommen. Hier habe ich über die Workshops geschrieben, die ich damals bei der GAAQG besucht habe. Das nächste Buch, „Fast-Fold Hexies from Precuts and Stash“, kam im Frühling 2017 heraus. Nummer drei, „Classic to Contemporary String Quilts“, folgte 2019 und vor kurzem ist das vierte Buch „Fast-Fold Hexie Quilting“ auf den Markt gekommen. 

Während ich das hier geschrieben habe (Januar 2021) sollte Mary eigentlich irgendwo in der Karibik zwischen Jamaika und den Caiman Inseln herumschippern und auf einer Quilt-Kreuzfahrt ihre Kurse geben…seufz. Naja, für uns war das ganz gut, denn so war sie verfügbar und hat zwei wirklich tolle Workshops aus ihrem Studio heraus für die Gilde gegeben. Besonders für den Tag, an dem ich von ihr das Siddi-Quilten gelernt habe, bin ich sehr dankbar!

Du kannst sie hier finden www.marymhogan.com und auf Instagram (@stringquiltqueen)

 

Wie, wann und warum hast Du angefangen zu quilten oder zu nähen?

Ich habe schon jung angefangen zu nähen, wahrscheinlich war ich keine 10 Jahre alt, und habe Anziehsachen für Puppen gemacht. Schon vor der Highschool habe ich dann damit begonnen, Kleidung für mich selbst zu nähen. Und ich habe viel genäht. Außerdem habe ich gerne Puppen und Stofftiere gemacht. Auch andere Handarbeiten habe ich gelernt und ausgeübt, besonders Stricken und Häkeln. Das Quilten kam dann in mein Leben, als ich schon 45 war. Ich hatte das Buch „Learn to Quilt“ gekauft und ein Muster herausgepickt, 12 Blöcke gemacht und sie mit Sashing zusammengesetzt. Das ganze war mit der Hand genäht und gequiltet, mein erster Quilt in Bettgröße. Ich habe nicht mehr damit aufgehört und quilte seitdem regelmäßig.

 

Mary mit einer der Krankenhauspuppen
Hier kommt die Preisfrage: Moderne, traditionelle, zeitgenössische, Kunstquilts: was begeistert Dich am meisten? Und warum?

Ich mag es, Sachen zu erfinden, während ich sie mache, also würde ich mich selbst als Improvisatorische Quilterin bezeichnen. Mir gefallen zeitgenössische oder moderne Quilts und Stoffe mehr als traditionelle. Meine Quilts sollen funktionale Objekte sein, deswegen mag ich sie am liebsten in Bett-Größe. Kissen oder Tischläufer interessieren mich nicht wirklich, außer als machbare Projekte für die Workshops, die ich unterrichte. 
Ich liebe abstraktes Design. Keine süßen Hundebabies für mich. Könnte schon sein, dass ich sie mag, aber ich würde keins machen.

Ich suche nie ein Schnittmuster aus und folge dann genau den Anweisungen. Ich mag es, soviel Stoffe wie irgend möglich in einem Quilt unterzubringen. Und ich mag es, eine Idee zu haben oder etwas irgendwo zu sehen und dann herauszutüfteln, wie ich das dann umsetzen könnte. Es passiert häufig, dass ich einen Quilt mit einer vagen Idee oder einem Stapel Stoff anfange, ohne eine Vorstellung, was ich eigentlich machen will, bis ich schon mitten im Projekt bin. Kürzlich habe ich zum Beispiel ein Bild von einem kleinen Quilt gesehen und dachte mir, dass ich gerne so etwas ähnliches machen würde. Ich habe angefangen, herum zu experimentieren, und ich glaube, ich bin auf einem guten Weg.

Zusätzlich zum Quilten zu meinem eigenen Vergnügen unterrichte und designe ich auch sehr gerne. Bis Ende 2020 habe ich vier Bücher veröffentlicht. Mir macht es Spaß, tief in ein Thema oder eine Technik einzutauchen und das dann in einem Buch zu erklären, mit Beispielen, welche Projekte man damit machen kann. 

Ich mag auch Design-Herausforderungen. Als klar wurde, dass der Coronavirus uns in seinem Griff hat, habe ich beschlossen, dass es Sinn macht, eine ganz einfach Gesichtsmaske zu entwerfen. Ich habe einige ausprobiert, eine Anleitung geschrieben und auf meine Webseite gestellt. Im Frühling 2020 hat dann unser lokales Quiltgeschäft auf diese Anleitung verwiesen. (Übrigens sind bei besagtem Quiltgeschäft weit über 4.000 dieser Masken gesammelt worden, Anm. von mir)

Jetzt möchte ich gerne eine Maske mit einem Reißverschluss entwerfen. Man könnte einfach den Reißverschluss aufmachen und durch einen Strohhalm trinken. Ich finde mal heraus, wie man das machen könnte und werde viel Spaß beim Schreiben der Anleitung haben. 

 

Lass uns mal persönlich werden: Wer ist Mary M. Hogan? Erzähle uns ein bisschen von Dir. Was sollten wir unbedingt von Dir wissen? Verrätst Du uns Deine Lieblingsmacke oder was Dich zum Wahnsinn treiben kann?

Meine Lebensgeschichte bis jetzt: Geboren in Illinois als viertes Kind in einer zehnköpfigen Familie. Ich habe meine ganzes Leben in Illinois und Michigan verbracht. Erziehung hatte in unserer Familie einen hohen Stellenwert. Mir fiel Schule immer ziemlich leicht, und Naturwissenschaften und Mathe lagen mir mehr als die anderen Fächer. Meinen ersten Mann habe ich im College kennengelernt und mit 21 geheiratet, einige Monate vor meinem Abschluss in Krankenpflege an der Loyola-Universität in Chicago.Ich habe dann als Krankenschwester gearbeitet und zwei Kinder bekommen, Christine und Brian. Mit 30 bin ich dann an die Universität von Illinois gegangen, um Pflege im öffentlichen Gesundheitswesen zu studieren. Mit 34 hatte ich dann meinen Abschluss in der Tasche, war geschieden, hatte die Liebe meines Lebens getroffen und wieder geheiratet. Mit 37 habe ich dann eine Lehrstelle für Pflege an der Universität von Michigan (in Ann Arbor) angenommen. Ein Jahr später habe ich angefangen, meinen Doktor an der Fakultät für Öffentliche Gesundheit zu machen, während ich gleichzeitig in der Lehre tätig war. Fünfeinhalb Jahre später hatte ich dann auch diesen Abschluss gemacht. Nach zehn Jahren habe ich die Uni verlassen und in unterschiedlichen Positionen gearbeitet, bevor ich in den Ruhestand gegangen bin. Das war Ende 2011. Seit der Pensionierung habe ich mehr und mehr Zeit dem Quilten gewidmet. 2014 habe ich dann beschlossen, ein Buch zu schreiben und begann, Kurse zu geben. Mein erstes Buch, ‚String Quilt Style‘ erschien dann 2016.

 

Was machst Du, wenn Du gerade nicht quiltest? Wie sieht ein perfekter Mary-Tag aus?

Ein perfekter Mary-Tag beginnt damit, ohne Wecker aufzuwachen. Dann trinke ich gemütlich Kaffee und lese ein paar Stunden, manchmal mit gleichzeitigem Stricken, wenn ich auf meinem iPhone lese. Dreimal in der Woche treffe ich mich mittags mit einer Freundin zum Spazierengehen und Quatschen. Wenn ich nähe, schaue ich dabei Netflix oder Prime. Ich suche mir eine Fernsehserie aus, die mir gefällt, und gucke dann über einige Wochen verteilt von der ersten bis zur letzten alle Folgen nacheinander. Ich mache gerne mehr als eine Sache gleichzeitig, nähen und Filme im Fernsehen anschauen, lesen und stricken und so weiter. 

Manchmal mache ich bewusst Quilts mit einer Buchidee im Kopf. Oder ich bereite eine bestimmten Buchvorschlag vor, schreibe oder überarbeite ein Buch. Ich mache auch vieles, einfach weil ich es machen will, ohne ein Buch im Hinterkopf zu haben.

Mein Leben ist ziemlich entspannt, weil ich es mir aussuchen kann, wann und welche Kurse ich geben oder wann und welches Buch ich anfangen möchte. Wenn ein Buchvorschlag nicht akzeptiert oder eine Klasse nicht voll wird, habe ich schon den Spaß genossen, die Quilts zu nähen und mir Notizen zu ihrer Entstehung zu machen.

Mein Leben außerhalb des Hauses war während 2020 sehr eingeschränkt. Davor habe ich im Durchschnitt eine Klasse im Monat im lokalen Quiltgeschäft unterrichtet und in der Regel jeden zweiten Monat eine Lesung und einen Workshop bei einer Gilde abgehalten.

 

Zurück zum Quilten: Welchen Schritt des Quiltprozesses magst Du am liebsten?

Ich mag die Abwechslung bei den unterschiedlichen Schritten, inklusive Ideen zu entwickeln, Stoff in meinem Vorrat zu finden, die verschiedenen Elemente meiner Idee zu testen und herauszufinden, was funktioniert und was nicht, schneiden, nähen, bügeln. Das alles macht mir großen Spaß.

Weil ich immer mehrere Projekte in jeder Entstehungsphase habe, kann ich leicht von einer zur anderen Aufgabe hin und her wechseln, und einfach eine Weile an einem anderen Projekt weiterarbeiten, wenn mir danach ist.  

Ich würde aber sagen, dass für mich ist der aufregendste Teil der Beginn eines Projekts ist, also eine neue Idee zu entwickeln und Form annehmen zu sehen. 

Im Moment genieße ich besonders das Nähen und Quilten mit der Hand. Ich finde handnähen so entspannend und beruhigend. Ich habe immer schon gerne das Binding mit der Hand angenäht. In den letzten Monaten habe ich einige kleinere Stücke gemacht und sie intensiv mit großen Stichen (big stitch quilting) von Hand gequiltet.

Aktuell mache ich mit Leidenschaft Quilts in der Siddi-Tradition, die komplett in Handarbeit entstehen. 

Zeigst Du uns Deinen Lieblingsquilt?

Einer meiner momentanen Favoriten ist dieser hier, den ich Ende August 2020 fertiggestellt habe.

 

Mary Hogan: Große Stiche und Siddi-Stil

Was machst Du, wenn Du einen kreativen Block hast? 

Ich hatte eigentlich nie Blöcke – bis zum Coronavirus-Lockdown, der hat mich ganz schön umgehauen. Ich habe dann eine Weile Masken genäht und zu meiner Kreativität erst im Juli 2020 zurück gefunden. Jetzt bin ich wieder voller Enthusiasmus und Ideen.

Siddi-Quilt von Mary Hogan – befreiende Handarbeit

Verrätst Du uns Deinen coolsten Trick, beste Methode, Erkenntnisse – quiltbezogen oder nicht?

Schau Dir meine Bücher zu den Fast-Fold Hexies (schnell gefaltete Sechsecke) an. Das ist eine Technik, die ich selbst entwickelt habe.

Mary hat zwei Bücher über ihre Hexie-Technik veröffentlicht

Bist Du Mitglied in einer Quilt-Gilde? Wenn ja, was würdest Du jemandem davon erzählen, der noch nicht mal weiß, was Gilden eigentlich sind? 

Ich bin Mitglied der Greater Ann Arbor Quilt Gilde. Ich habe soviel in den Präsentationen und Kursen durch die Gilde gelernt. Gilden sind nicht alle gleich. Ich würde empfehlen, mir alle anzusehen, wenn es in Deiner Gegend mehr als eine Gilde gibt.

Warum quiltest Du? Kannst Du den Zauber von Quilts erklären?

Warum ich quilte?

Ich mache Quilts nicht als Geschenke, oder um warmzuhalten, oder um sie in einer Show zu zeigen (obwohl all das mit jedem meiner Quilts passieren könnte) (und es ist passiert: einer ihrer Quilts wurde zur QuiltCon 2021 zugelassen, siehe unten!). Bei mir ist es so, das jeder einzelne Quilt einfach ‚gemacht werden muss‘. Ich kann das nur schwer erklären. Ich möchte, dass meine Quilts schön sind, mitreißend, Freude versprühen und mitunter Überraschungen enthalten. Andere sind jedoch auch absichtlich ernster und nachdenklicher.

Die Magie von Quilts?

Ich bin nicht sicher, ob man von Magie sprechen kann, aber…
Es erfreut mich, dass Quilts schöne funktionale Objekte sind, dass sie handgemacht sind, und dass die Ideen, die Zeit und das Können des/der jeweiligen Herstellers/in Bestandteil dieses Objektes sind.

Es begeistert mich, dass ich die Entwicklung und Herstellung dieser Kunstform miterleben kann. Und ich genieße es sehr, diese Erfahrung zu teilen und anderen zu helfen, das handwerkliche Können und Vertrauen in sich selbst zu zu entwickeln.

In Marys Welt gehen Streifen immer, sogar in Dresden-Tellern
Dresden Plate Revisited von Mary Hogan. 44 x 57 inches, quilted by Kelly Borns, QuiltCon 2021

2 Kommentare

  1. […] Etwas südlich von uns, in Saline, gibt es den Quiltladen „The Quilting Season“, eine echte Oase. Hier wird die Gemeinschaft groß geschrieben, man kann an mindestens vier Tagen der Woche einfach kommen und nähen, jeder kümmert sich, ist freundlich und hilfsbereit. Man kann sich kostenlose Stoff-Kits mitnehmen, um daraus Baby-Quilts für die Frühchenstation eines nahegelegenen Krankenhauses zu nähen. Oder Kopfkissenbezüge für das Kinderkrankenhaus. Oder Kuschel-Schildkröten als Begleiter für todkranke Kinder. Es gibt auch Kurse für Kinder, die dann lernen, Puppen für kranke Kinder zu nähen. Ich habe hier schon über Mary Hogan und ihr Engagement in der Quilting Season geschrieben. […]

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