Patchwork muss nicht teuer sein

Tipps zum Geldsparen beim Quilten

Es kann ganz schön einschüchternd sein, wenn man als AnfängerIn erfahrenen QuilterInnen zusieht. Das Equipment, das sie haben, ist beeindruckend und hat wahrscheinlich ein Vermögen gekostet. Du möchtest es gerne ausprobieren, aber willst keinen Kleinkredit aufnehmen? Um mit Patchwork anzufangen braucht es gar nicht so viel. Und wenn (das ist übrigens kein ‚falls‘!) es Dich dann so richtig erwischt hat, kannst Du immer noch einkaufen gehen.

Was braucht man unbedingt zum Quilten?

Fangen wir mal andersherum an: 95% vom dem ganzen Schickimicki brauchst Du nicht. Es gibt zwar unendlich viele mehr und weniger hilfreiche Werkzeuge, es ist ein Leichtes, hunderte Euro für den allerschönsten Stoff auszugeben, und man kann auch Nähmaschinen im Wert eines Kleinwagens kaufen. Kann man. Macht auch Spaß. Müssen muss man aber nicht. Wenn ich jetzt mal ganz ehrlich mit mir bin, benutze ich in meiner (sehr vollgestopften) Nähecke nur eine Handvoll Utensilien regelmäßig.

Eine Nähmaschine?

Fangen wir mal mit der größtmöglichen Anschaffung an. Mindestens einmal im Jahr gibt es bei Deinem Lieblingsdiscounter ein unglaublich günstiges Angebot für Einsteigermodelle. Ich hatte eine Aldi-Nähmaschine aus den 80er Jahren, als ich 2014 mit dem Nähen anfing. Obwohl ich sie 25 Jahre lang nicht benutzt habe, hat sie immerhin funktioniert. Dass ich trotz dieser Nähmaschine und meiner Ungeduld beim Nähen geblieben bin, will schon was heißen. Aber sie hat noch genäht! Will sagen: Wer sich heute eine aktuelle simple Nähmaschine kauft, wird damit einiges zustande bringen. Schließlich hängt der Erfolg ja auch von der Person ab, die vor der Maschine sitzt. Das gilt übrigens auch umgekehrt, nur weil ich heute eine bessere Nähmaschine habe, nähe ich keinen Deut besser. 

Gebrauchte Maschinen, Rückläufer und Vorführmodelle sind perfekt! Wenn vom Händler gekauft, hat man sogar noch Garantie darauf. Ein Blick in die Keinanzeigen kann da auch helfen. Auf diesem Weg habe ich mal eine unbenutzte Maschine (mir war nach ein paar Minuten nach dem überstürzten Kauf klar, dass wir beide nicht zusammengehörten) weit unter Preis abgegeben – ich war froh, Käuferin war froh.
Und auch wenn die Monster-Mega-Maschinen heutzutage alles können bis auf Kaffeekochen und Fensterputzen, eine Trilliarde Zierstiche haben – das ist ziemlich super. Ich benutze meistens zwei oder drei unterschiedliche Stiche von meinen keine Ahnung wie vielen. Glaub mir: auch die meisten alten Hasen benutzen ca. 5 Prozent von dem, was ihre Maschinen können könnten. Und ich vielleicht 0.8 Prozent.

Wenn man zum Beispiel mehrere Lagen dicker Stoffe für Taschen oder Jeans näht, merkt man die Unterschiede, keine Frage. Patchworkdecken bestehen aber in aller Regel aus relativ dünnem Baumwollstoff. Erst beim Quilten haben wir mehr Stoffwust zu bewältigen, aber auch das schafft jede normale Nähmaschine. Eng wird es im wahrsten Sinne des Wortes, wenn man versucht, den Quilt durch den kleinen Durchlass der Nähmaschine zu wurschteln. Aber selbst das geht.

Ja, frau gewöhnt sich schnell an Luxus (sowas wie ein Kniehebel kann einen in wenigen Minuten anfixen), aber man kommt auch mit dem Gogo über die Alpen, und hat dabei genau so viel Spaß, wie man haben möchte.

Mit der Hand nähen???

Und dann ist da noch die Möglichkeit, mit der Hand zu nähen. Das hätte ich vor Jahren noch entsetzt von mir gewiesen, aber seit diesem folgenschweren Workshop hat sich meine Lebenseinstellung diesbezüglich dramatisch geändert. Ich warne hiermit ausdrücklich vor Nebenwirkungen und Risiken! Frag Deine Stoffhändlerin oder Bankberaterin. 

Man kann also mit der Hand nähen. Und auch mit der Hand quilten. Das habe ich erst neulich angefangen, und wieder ging so ein Glaubenssatz („ich? NIE!“) den Bach runter. Nachdem ich mit dem kleinen Wandbehang Blut geleckt hatte (ja, das kann man wohl wörtlich nehmen, der Pflaster-Verbrauch gehört bei mir zu den Nebenwirkungen), gab’s kein Halten mehr: ich habe den 2×2-Meter-Aviatrix handgequiltet. Der nächste ist schon in der Mache. 

Mit Indigo gefärbtes Mandala auf einfachem Stoff handgequiltet mit selbstgefärbtem Nähgarn
Nachdem ich ein Yard weißen Stoff mit Indigo selbst gefärbt hatte, kam mir der Gedanke, dass ich das dann auch per Hand quilten müsste

Medallionquilt in improvquilting-Technik mit Alison Glas-Stoffen
Mein selbstentworfener Improv-y-Medallionquilt, auch handgequiltet
(aber mit der Maschine zusammengenäht!)

Two-in-one: Siddi-Style-Quilten und Kantha

Oder man folgt der lieben Mary Hogan und macht beides in einem, nähen und quilten: Das ist so genial, dass es einen eigenen Blogpost wert ist. Am besten gefällt mir, dass man minikleine Fitzel verwerten kann, nicht planen muss und das Ergebnis immer schön ist, egal wie blöd man sich anstellt (frag jetzt nicht, woher ich das weiß). Der Beweis: Hier ist mein allererster Versuch:

Das hat so Spaß gemacht, dass es sicher nicht mein letzter Siddi-Style-Versuch bleibt.

Jedenfalls kann so das ganze Thema Nähmaschine erstmal wegfallen. Was brauchst Du sonst noch?

Nähzubehör, essentiell und existentiell

Garn

Eine Rolle Nähgarn in einer unaufgeregten Farbe ist wohl das Minimum. Das kann altes Garn sein, aber das hat es manchmal in sich. Am besten machst Du den Reißtest. Wenn es nicht bei einem halbwegs festen Ruck aufgibt, kannst Du es versuchen. Garn ist beständiger, als man uns glauben machen will. Du merkst schnell, ob es dauernd reißt, sich verheddert oder ob es gut funktioniert. Ich brauche uraltes Garn auf, auch billiges, ohne Probleme. Das Problem ist eher meine Nähmaschinen-Diva, die denkt, dass Discounter-Garn unter ihrer Würde ist (O-Ton: „Ich kann so nicht arbeiten“).
Zum Reihen und Handnähen geht älteres Garn eigentlich immer (nach dem Reißtest). 

Schere

Auf die Gefahr, dass ich gesteinigt werde: Eine normale Schere tut’s. Meine drei Lieblingsscheren habe ich vor 8 Jahren im Set für 14 Euro bei Tchibo gekauft. Und obwohl ich alles (alles!, außer vielleicht Draht) damit schneide, funktionieren sie noch absolut prima. Keine Stoffschere zu haben ist auch besser für den Familienfrieden. Meine schnieke Gingher-Schere wohnt in ihrer Metallkiste und kommt nie raus, weil ich Angst habe, dass ich sie fallen lasse.

Nadeln

Gerade Stecknadeln damit nichts verrutscht, und Nähnadeln. Da gibt es so viele Unterschiede, dass Du besser eine Fachfrau fragst, ich benutze, was mir in die Finger kommt (oh Gott, der Kalauer war jetzt echt nicht beabsichtigt), und es blutet bei allen gleich.  

Rollschneider, Matte und anderes

Ok, die sind wirklich sehr „nice to have“. Eine Schneidematte (doppelseitige halten ziemlich genau doppelt so lang) und dazu vielleicht ein großes (6×24 Inch) und ein kleineres Lineal. 
Als Markierstift habe ich noch nie etwas anderes als einen normalen Bleistift oder Kuli benutzt.
Ein Bügelbrett und -eisen hast Du vielleicht schon. Wenn nicht: auch an den Discounter-Dingern kann man sich gut die Finder verbrennen. Echter Nachteil: Sie können nicht fliegen, habe ich ausprobiert.

Stoff

Nimm nicht den billigsten, der ausfärbt und nach dreimal waschen oll ist. Das ist einfach zu traurig für die Mühe, die Du Dir machst. Aber wie wäre es mit alten Hemden, Tischdecken, Kleidern? Nimm entweder Deine eigenen, frag bei Freunden nach, geh zum Second Hand-Laden. Das schont den Geldbeutel und die Umwelt und Dich (aus den Kleidern sind in der Regel die Schadstoffe schon ausgewaschen). Sie lassen sich auch toll mit kleineren Stücken neu gekauften Patchwork-Stoffen kombinieren

Unis sind günstiger als Druckstoffe und zeitlos.

Im Quiltgeschäft: die Stoffe vom Vorjahr sind immer noch schön, und möglicherweise heruntergesetzt. Tu mir nur einen Gefallen: Geh nicht ins Geschäft, lass Dich beraten und jag dann im Internet nach günstigeren Angeboten. Bestell entweder gleich online oder unterstütze die Heldinnen, die unsere letzten lokalen Stoffgeschäfte-Bastionen verteidigen.

Batting

Das ist die Füllung, die ist ziemlich teuer. Versuch es mit Flannel, der ist günstiger, wenn auch nicht ganz so warm. Ich habe auch schon Decken benutzt (aufpassen: wenn Du mit hellen Stoffen genäht hast, scheinen dunkle Füllungen schnell durch)

Rückseite

Da braucht man ordentlich viel von, wenn man einen großen Kuschelquilt macht. Bettlaken bekommt man oft günstiger als Stoff, und je nach Größe spart man sich sogar das Zusammennähen. Aber hier musst Du wirklich auf die Qualität achten und es sicherheitshalber vorwaschen (und das gilt auch für den Flannel).

Quilten lernen

Ich bin ziemlich sicher, dass Du alles Wissenswerte im Internet geschenkt bekommst. Ob jetzt die ganz großen wie Jenny Doan, Ina von Pattydoo, oder die endlose Zahl an kleineren Blogs: alle haben Tutorials, Videos, Anleitungen, Schnittmuster für umsonst.
Das bedeutet, Du brauchst weder Buch, noch Magazin oder virtuellen Lehrgang zu kaufen. Wenn Du Geld übrig hast, ist das aber eine sehr schöne Idee, denn so unterstützt Du die Kreativen der Branche.
Was ich Dir jedoch sehr, sehr, sehr ans Herz legen möchte, sind Kurse jeder Art. Kann sein, dass ich voreingenommen bin, aber nach über hundert Workshops, Vorträgen und was weiß ich in sieben Jahren, kann ich Dir versichern: Du lernst immer noch was dazu, egal ob von den LehrerInnen oder Deinen MitschülerInnen, triffst Gleichgesinnte, die auch Quiltisch reden, findest neue FreundInnen und hast jede Menge Spaß. Und dank Corona gibt es jetzt nur noch Zeitzonen, aber keine Entfernungen mehr zu beachten. 

QuiltfreundInnen sind was für’s Leben

Eine Nähgruppe kann man übrigens auch selbst organisieren. Einfach nach einem Raum im Gemeindehaus der Kirche oder der Bücherei fragen oder sich reihum zuhause treffen. Mach einen Aushang im Kindergarten, Supermarkt, auf der Arbeit, einen Post in Deiner lokalen oder Quilt-FB-Gruppe – oder frag einfach mal nette Leute.

QuilterInnen geben gerne

Neben dem schönen Gefühl, andere Nähbegeisterte zu kennen und von ihnen verstanden zu werden, wirst Du schnell feststellen, dass die Spezies Quilter sich durch ihre Großzügigkeit auszeichnet.
Sie geben Tipps, Rat und Zeit, leihen Dir ein Ohr oder eine Schere (nicht, wenn Du Vincent heißt), aber auch Stoff oder Garn. Zum Patchworken braucht man manchmal nur kleine Mengen. Wie genial ist es da, Stoffe zu tauschen? Bekleidungsnäher haben oft mehr übrig, weil sie mit den kleinen Stücken nichts mehr anfangen können.

Und noch ein Tipp

Do you!
Mach, was Dich glücklich macht. Genieß, was du tust. Lass Dich von den bunten Bildern im Internet inspirieren, wenn Du magst, aber vergleiche nicht. Du kannst an den schönen Photos nicht erkennen, wie lange andere an den Dingen, die sie zeigen, genäht haben, oder wie laut sie geflucht haben, wieviel Nähzeit sie in ihrem Alltag zur Verfügung haben, wie oft sie etwas fertig bekommen, wie lange sie schon nähen, wieviele missratene Versuche dem schönen Exemplar vorangegangen sind….Lass Dich nicht beirren, Do You! Und das kostet noch nicht mal extra!

5 Kommentare

  1. Martina Odenthal

    Liebe Nico,
    ich lese deinen Blog ohnehin sehr gerne ( außer dem von Bonnie Hunter übrigens die einzigen beiden quiltigen) aber diesmal hast du dich wirklich übertroffen! Genauso nämlich ist es: man braucht von dem ganzen Schnickschnack (fast) nichts und was einem da teilweise über alte Garne erzählt wird, grenzt schon fast an Verdummung! Klar besteht zwischen einer Discounter Nähmaschine und einem 1000 EUR Teil ein Unterschied, aber ich habe schon versierte Quilterinnen erlebt, die an diesen Ferraris verzweifelt sind. Dein Artikel macht allen Mut, die Patchwork einmal ausprobieren wollen und da finde ich es sehr wichtig, erst einmal nicht so viel Geld in die Hand nehmen zu müssen, das kann nämlich sehr frustrierend sein! Herzliche Grüße von Martina

    • Hallo Martina, jetzt fühle ich mich aber sehr gebauchpinselt :o)) Vielen Dank für Dein Lob, manchmal nervt mich der ganze Perfektionisten-Ausrüstungs-Wahnsinn, auch wenn ich ja selbst nicht frei davon bin, dem Konsum zu verfallen. Neue Spielsachen sind ja schön, aber eben meistens nicht notwendig.
      Ganz liebe Grüße
      Nico

  2. […] kann also ins Geld gehen, einen Quilt zu nähen. (Wie man auch prima mit wenig Geld quilten kann, erkläre ich hier) Aber es gibt viele Hobbies, die Geld kosten, warum schreibe ich hier darüber? Weil alle […]

  3. Deine arme Gingher-Schere muss sich verraten und verkauft vorkommen in der Kiste 😉
    Danke für die tollen Tipps! Das sollte sich jede Quilterin von Zeit zu Zeit mal wieder durchlesen, um neu geerdet zu werden. Zu viel Zeug nutzt nicht unbedingt viel!
    Viele Grüße
    Martina

    • Mensch, Martina, da habe ich noch gar nicht drüber nachgedacht, Du hast Recht. Die Arme, ich muss sie mal rausholen!
      Danke, ja, erden trifft es – gerade, wenn man so günstig an den ganzen schönen Krimskrams drankommt, ist es schwer, nein zu sagen…
      Ganz liebe Grüße
      Nico

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